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Apfelmus

von | 13. Oktober 2022

Ich stehe in der Küche und koche Apfelmus. Liebe Bekannte haben mir ungefragt zwei große Eimer Fallobst vor die Tür gestellt. `Die kocht gern, die hat bestimmt Verwendung dafür`, werden sie sich gedacht haben.

So stehe ich also da, entkerne Äpfel, schneide die unschönen Stellen aus. Neben mir auf dem Herd blubbert eine Ursuppe aus Apfelstücken, Wasser, Vanillezucker, Nelken und Zimt. Eigentlich eine sehr meditative Angelegenheit. Die Küche, und vermutlich bald das ganze Haus, ist erfüllt vom Duft des Herbstes. Nicht der Geruch nach nassem modrigem Laub oder nach Wald und Pilzen, eher ein heimeliger Duft. Ein Duft nach Kindheit und Nachhausekommen.

Da der Kopf beim Zerlegen der Äpfel nicht allzu sehr gefordert ist, gehen mir Gedanken durch den Kopf. Gedanken an meine Kindheit, an meine Großmutter, die auch für mich Apfelmus gekocht und dazu Buttermilchplinsen gebacken hat. An meine Freunde, mit denen wir demnächst zum Erntedankessen verabredet sind – ja, wir danken, wenn das Gartenjahr tatsächlich beendet ist, die Beete fast leer, vielleicht noch Mangold oder Rosenkohl. Dann treffen wir uns zum gemeinsamen Essen, immer reihum, jeder bringt etwas mit und wir haben eine gute Zeit.

Erntedank. Für meine Ernte kann ich dieses Jahr nur bedingt dankbar sein, der trockene Sommer hat die Äpfel unreif vom Baum fallen lassen, die Tomaten hatte ich im Frühjahr etwas verpasst und die ersten und letzten erst vor ein paar Tagen abgenommen. Dafür gibt es reichlich Kürbis, das wird wohl auf literweise Kürbissuppe hinauslaufen.

Dank. Wie ich da so stehe, überkommt mich ein Gefühl der Dankbarkeit. Aber darf ich überhaupt dankbar sein für ein Jahr wie dieses? Krieg, Inflation, Energiekrise?

Darf man in solchen Zeiten dankbar sein und das auch noch laut herausposaunen? Sollte man sich nicht lieber den kollektiven Schimpftiraden anschließen?

Ich, für mich ganz persönlich, habe beschlossen, dankbar zu sein.

Wie kommt es, dass der Herbst einen so besinnlich werden lässt? Liegt es daran, dass er immer mit Sterben einherkommt und man sich der eigenen Vergänglichkeit wieder ein Stück bewusster wird? Oder daran, dass der Herbst nicht so aufdringlich „Geh raus!“ schreit, wie der Sommer und man es sich mit Kerzenlicht und Tee auch mal auf dem Sofa gemütlich machen kann?

Und so stehe ich am Küchenfenster, erfreue mich an der Herbstsonne, sehe den Blättern beim Fallen zu und koche Apfelmus. Wie jedes Jahr.

(Bilder  von Pixabay)

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