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Badewannenwünsche

von | 12. Februar 2023

Die meisten von uns schätzen das behagliche Gefühl,

wenn man sich ein warmes Bad einlässt.

Und da in meiner Geschichtenwelt auch Dinge zu Wort kommen dürfen,

lauschen wir heute einmal, was eine Badewanne erzählt, wenn sie drei Wünsche frei hat.

 

 

Wenn man bedenkt, dass ich nur eine Badewanne bin, dann ist es erstaunlich, in welchem Maße ich Einblick in private Angelegenheiten bekomme. Nicht, dass ich das unbedingt will… Es ergibt sich einfach.

Es ist meine Bestimmung, Menschen durch das Leben zu begleiten, von Anfang an, in guten wie in schlechten Zeiten. Und das genau in dem Zustand, wie der liebe Gott sie geschaffen hat. Nicht nur vor ihm, – nein – auch vor mir sind alle gleich. Ich mache da keinen Unterschied. Jeder darf mir seinen Körper anvertrauen, ob er klein ist oder groß, jung oder alt, zart oder knackig oder schön füllig. Ich bin, das darf ich bei aller Bescheidenheit sagen, die ideale, ovale Wohlfühloase für jeden Leib.

Und scheinbar nicht nur das. Expertenmeinungen zur Folge, habe ich auch einen günstigen Einfluss auf das seelische Befinden. So wie jeder, der vor mir steht, völlig bedenkenlos seine äußeren Hüllen fallen lässt, so werden gleichermaßen innere Schranken geöffnet. Die Gedanken gehen auf die Reise, sobald sich jemand wohlig in mir ausstreckt.

Mal sind es Selbstgespräche, mal sind es vertrauliche Zwiegespräche zwischen dem Wannenbenutzer und dem sogenannten „Randsitzer“. Letzteres sind die Personen, die nur schnell etwas aus dem Bad holen wollen, sich dann aber kurz auf meinem Rand nieder- und in ein Gespräch einlassen. In achtzig Prozent der Fälle zieht es sich so in die Länge, dass mein Inhalt an Unterkühlung zu leiden beginnt.

 

Doch, Verzeihung, bevor ich mich weiter darüber auslasse, es ist höchste Zeit mich vorzustellen:

Ich freue mich, Sie kennen zu lernen. Mein Katalogname: „Valerie von Bach“. Unter Freunden bitte Valie.

Stellen Sie sich die Kreuzung zwischen einem kuscheligen Bett und einem anatomisch geformten Lieblingssessel vor. Ohne störende Matratze, ohne Laken und anderen Plunder – nur wohlgeformtes Acryl in der Farbe von frisch geschlagener Sahne. Das bin ich. Wer möchte da nicht eintauchen?

 

Nun gut, es gibt eine Ausnahme: eine kleine Spezies, die, für mich unverständlich, immer noch ihr Reinigungsritual im Stehen vornimmt: die sogenannten „Duscher“. Ob warm oder kalt sei dahingestellt.

Aber so weit ich das einschätzen kann, geht ein großer Teil der Menschheit bei dem Bedürfnis nach Reinigung und Entspannung lieber in die Waagerechte.

Woher ich das weiß? Ich habe Ahnenforschung betrieben. Väterlicherseits bin ich bis zum Holzzuber im Mittelalter vorgedrungen. Die mütterliche Linie verlief in Richtung verzinkte Wanne aus Eisenblech. Aber auch die Verwandtschaft zweiten und dritten Grades hat etwas zu bieten: gusseiserne und emaillierte Badegefäße nämlich.

Ausnahmslos alle hatten ein enges Vertrauensverhältnis zu ihren Benutzern. Und so ist es nicht verwunderlich, dass auch ich die meisten Gedanken sämtlicher badender Nackedeis kenne, ihre Wünsche, ihre Träume, ihre Sehnsüchte, ihren Ärger. Manchmal bin ich dermaßen voll davon, dass es mir bis zum Rand steht. Dann hilft nur eins: Stöpsel ziehen!

 

Genug der Worte über meine sauberkeits- und entspannungssüchtigen Benutzer. Kommen wir mal zur Sache, zu mir persönlich.

Was, werden Sie jetzt fragen, kann im Leben einer Badewanne so wichtig sein, dass es in aller Öffentlichkeit bekannt gemacht werden sollte? Da gibt es mehr, als Sie denken …

 

Seit Wochen wurmt mich das rücksichtslose Verhalten des Wasserhahns. Der ist doch nicht ganz dicht! Tröpfelt mir ständig etwas vor, das ist so was von zermürbend! Steter Tropfen höhlt …  ja, auch die Badewanne! Was sich da an Kalk absetzt. Und all das muss mein Freund, der Wannenreiniger ausbaden, der arme Kerl. Ein Glück, dass er ein echter Schaumschläger ist!

Sollte ich für den inkontinenten Wasserspender  mal ein Date mit dem Klempner von nebenan organisieren? Vielleicht ist nur ein Schräubchen locker oder eine Dichtung bröselt vor sich hin.

Mein bescheidener Wunsch in dieser Angelegenheit lautet also: Bitte Kollege Hahn, lassen Sie endlich einen Spezialisten an sich ran! Sollten Sie ausgetauscht und durch einen funkelnagelneuen Wasserspeier ersetzt werden, fällt umso mehr auf, dass auch ich nicht mehr die Jüngste bin. Das wollen wir doch nicht.

 

Wunsch Nummer zwei betrifft ein zu mir gehörendes Utensil, dem es an Selbstdisziplin mangelt: das Badetuch.

Ich bin der Meinung, es hat sich, höchstens einmal gefaltet, ordentlich auf der über mir angebrachten Stange zu platzieren. Möglichst im rechten Winkel zu den Wandfliesen. Aber scheinbar steckt ihm die Neugier in jeder Faser. Es kann nicht still hängen. Rutscht hin und her, wie neulich … als der Gebadete zum Anziehen im Schlafzimmer verschwunden war. Da landete eine Hälfte des Tuches in meinem mit Rosenduftschaumwasser gefüllten Bauch, die andere Hälfte draußen auf meinem neuen Badewannenvorleger.

Ahnen Sie, was das Ende vom Lied war? Das Badewasser nutzte seine Chance und machte sich Tröpfchen für Tröpfchen auf die Reise. Ganz unauffällig kroch eins nach dem anderen in das eine Ende vom Handtuch und am anderen Ende wieder heraus. Das blieb so lange unbemerkt, bis sich der gesamte Vorleger vollgesogen hatte. Dann begann sich ein Rinnsal auf den Weg zu machen, erreichte die elektronische Personenwaage und kroch neugierig in den Boden des Wäschepuffs.

Ich kann Ihnen sagen … Der nächste Badbenutzer hatte einen beträchtlichen Umfang Schimpfwörter auf Lager, und die gingen ungerechter Weise in meine Richtung. Es hat mich einiges an Kraft gekostet, das nicht persönlich zu nehmen.

 

Wenn ich noch einen Wunsch frei hätte, dann – ich sag’s jetzt frei heraus – geht dieser an alle Badenden, die  meinen, in mir wäre eine unsichtbare, selbsttätige Reinigungsanlage integriert. Genauso an die, die glauben, die Heinzelmännchen kämen über Nacht.

Ich lasse mich wahrhaftig gern benutzen. Doch danach wäre ich für eine kleine Reinigung dankbar. Das dürfte doch bei all diesen Wunder-Wischlappen, die sich heutzutage in den Regalen drängeln, kein Problem sein.

Und damit soll’s genügen mit dem Wünschen. Ich danke für die Aufmerksamkeit und möchte mich verabschieden.

Obwohl … darf ich noch jemanden grüßen?

Hallo Badeschwamm! Wo steckst du? Ich vermisse dich und deine Geschichten aus dem Meer! Komm doch vorbei, auf eine kleine Schaumparty. Es läuft der Badewannen-Tango!

 

Und wenn Sie das nächste Mal in eine Wanne steigen, denken Sie an mich. Ich würde mich freuen.

Warme Grüße

Valie

 

Eva Mutscher

www.eva-mutscher-geschichten.net

 

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