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„Warum ein Maler seine Werke erst im Ruhestand für sich entdeckt“

von | 20. Februar 2025

Lange Zeit lagen seine Malereien, Grafiken und Aquarelle, Fotografien, Ölgemälde und Zeichnungen mit Pastellfarben zusammengeschnürt in Mappen verstaut.
Die Zeugen eines künstlerisch schaffensreichen Lebens fristeten ein unbeachtetes Dasein in seiner Wohnung in der Zittauer Innenstadt.
Thomas Eichler entdeckte Sie für sich wieder.

 

 

Im Ruhestand angekommen hat er heute einen eigenen neuen Blick auf seine Kunstwerke.
Warum das so ist,  wie es dazu kam;
oberlausitz-art hat für Euch nachgefragt.

Herr Eichler, wie sind Sie zur Malerei gekommen?
Wo liegen Ihre künstlerischen Wurzeln?

Schon in der Schule war Malen und Zeichnen mein Lieblingsfach. Aber erst später, als ich schon in Senftenberg verheiratet war, habe ich die Leidenschaft zum Malen wiederentdeckt. Ein Kollege, der am Rechenzentrum gearbeitet hat, zeigte mir einmal  Kopien von Vincent van Gogh und William Turner. Da war ich so begeistert, dass ich das sofort probieren wollte. Also habe ich mir sofort Ölfarben und Pinsel besorgt und habe, so wie ich es mir dachte, einfach begonnen. Das erste Bild, an das ich mich gewagt habe, war „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ von Jan Vermeer van Delft. Bekannte und Verwandte waren ganz scharf auf die Kopien. Ja, so fing das an.

Sie sind bekannt als Theater- und Pressefotograf.
Ist Ihre Fotografie die Basis zur Malerei gewesen?

Das kann man so eigentlich nicht sagen. Durch meine Kopien der alten Meister hatte ich Kontakt zum Mal- und Zeichenzirkel in Senftenberg bekommen. Die fanden mich ganz talentiert und haben mich nach Cottbus an die Spezialschule für Malerei und Grafik geschickt. Dort hab ich mit „sehr gut“ abgeschlossen. Mein technischer Beruf hatte mich nicht ausgefüllt, Abitur durfte ich in der DDR nicht machen, aber ich wollte mich unbedingt weiterentwickeln. Also habe ich noch Unterricht in klassischer Gitarre genommen und nach meinem Umzug zurück in die Oberlausitz, nach Zittau, 12 Jahre an der Musikschule Görlitz unterrichtet. Dann habe ich im Theater als Tontechniker angefangen und nebenbei auch Theaterplakate entworfen. Dann ging der dortige Theaterfotograf weg und ich bin eingesprungen als Fotograf und grafischer Gestalter.

Gab es für Sie eine künstlerische Ausbildung oder sind Sie ein Autodidakt?

Ich bin auf allen Gebieten ein Autodidakt. Die Spezialschule für Malerei und Grafik und der Musikunterricht haben mich dann noch gefestigt.

Stimmt es, dass Sie sich zu Beginn Ihrer Malerei sofort, und das mit Erfolg, an die Gemälde der großen Meister gewagt haben? Was hat Sie  dazu inspiriert, Kopien in Öl anzufertigen?

Ja, wie gesagt, mein Kollege hatte mich mit seinem Ausdruck von Vincent van Gogh so begeistert, dass ich tatsächlich in der ersten Zeit mit Erfolg viele alte Meister kopiert habe. Bildbände von solchen historischen Kunstwerken und deren Künstler wie Albrecht Dürer, Frans Hals, Rembrandt und später auch Prof. Werner Tübke haben mich stark beeindruckt und geformt.

In welchen Stilrichtungen haben Sie gearbeitet?
Liegt Ihnen die Ölmalerei am besten?

Die Ölmalerei ist sehr aufwendig. Im Zeichenzirkel bin ich dann zur Radierung gekommen. Das ist eigentlich noch aufwendiger. Erst muss man zeichnen, dann die Zeichnung seitenverkehrt auf die Platte bringen, das Blatt zu Probezwecken mehrmals drucken und die Platte korrigieren. Danach folgt erst der saubere Druck. Der ist auch immer so ein Spiel mit der Geduld. Aber festlegen, was mir am besten liegt, würde ich mich nicht. Aquarell, Pastell, Malerei und Grafik, alle haben ihre Besonderheiten und Reize. Meine Collagen sind für mich sehr persönlich und intim.

Warum haben Sie Ihre Werke nie in Ausstellungen präsentiert?

Das stimmt so nicht. Ich durfte oft meine Werke in Ausstellungen, Pleinairs, Verkaufsausstellungen usw. präsentieren. So z.B. in Cottbus, Senftenberg, Zittau, in Betrieben und Gaststätten. Habe auch Auszeichnungen bekommen.

Herr Eichler,  seit ein paar Jahren leiden Sie an einer fortschreitenden Sehschwäche.
War das der Anlass, sich mit Ihrer eigenen Kunst neu zu beschäftigen?

Das war nicht der Anlass. Der Anlass war ein misslungener Kauf auf einer großen, bekannten Ankauf- und Verkaufsplattform im Internet. Der Erwerb eines Ausstellungsplakates von Neo Rauch war da mein erklärtes Ziel. Auf Grund meiner Augenkrankheit habe ich da aber leider eine Null zu wenig gesehen. Dem Verkäufer war das natürlich egal und somit war das überteuerte Plakat dann doch, nach einigem Hin und Her, meins. Den Fehler wollte ich natürlich nicht ein zweites Mal machen und ich besann mich wieder auf meine eigene Kunst, die ja auch ausstellungswürdig ist. Da habe ich dann angefangen Bilderrahmen zu sammeln und meine Wände zu dekorieren.

Ihre kleine Galerie, in Ihren eigenen „4 Wänden“, ist sehenswert und für Sie ein Rückzugsort der  Entspannung und Erholung.
Empfangen Sie da auch Besucher? Sind Ihre Werke jetzt zu besichtigen?

Das ist generell möglich. Nur bitte vorher anrufen. Wenn mein Gesundheitszustand es erlaubt, können wir gern einen Termin machen.

Was können Sie, aus ihrer Erfahrung, jungen Künstlern mit auf den Weg geben?

Da gibt es eine ganze Menge dazu zu sagen. Die Voraussetzung ist natürlich Fleiß. Üben, üben, üben. Schließen sie sich einem Zeichenzirkel an. Nutzen sie jede Chance sich Theorie anzueignen. Mit Literatur, mit Videos, mit Gruppenarbeit usw.. Gehen sie in die Details, in die Anatomie, zum Beispiel das Zeichen einer Hand, einer Bewegung. Machen sie Naturstudien, Stillleben und Portraits. Seien sie fleißig.

Herr Eichler. Sie leben mitten in der Oberlausitz.
Wie tief sind Sie mit Ihrer Heimat verwurzelt?
Was lieben Sie besonders?

Die Liebe zur Landschaft in der Oberlausitz hat mich in den 90gern wieder aus der Braunkohlegegend um Cottbus in die Heimat geführt. Die Menschen hier sind zwar etwas verschlossener als nördlicher, aber ebenso liebenswert. Manchmal steht man sich halt etwas selbst im Weg. Selbst habe ich jedenfalls immer versucht, mich schöpferisch in der Kulturszene zu bewegen. Dinge nicht nur anzustoßen, sondern auch anzupacken, war immer mein Motto. Manches hat geklappt, manches halt nicht. Zuversichtlich bin ich aber immer noch.

Vielen Dank für das interessante und offene Interview.  Oberlausitz-art wünscht Ihnen alles Gute und noch viele schöne, anregende Gespräche mit den Besuchern Ihrer „Privatgalerie“.

Kontakt Thomas Eichler: 01522 6229273

 

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