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Der Fluch der Stein-Berta

von | 5. September 2024

 

Liebe Leserinnen, liebe Leser.

Seit Anfang des Jahres darf ich jeden Monat eine Geschichte in diesem Portal vorstellen.

Vor wenigen Tagen ist mein viertes Kinderbuch erschienen. Daraus möchte ich Ihnen in diesem Monat eine Leseprobe präsentieren.

Ihr Henry Förster

 

Der gestohlene Edelstein/Leseprobe

Kapitel 1 Der Fluch der Stein-Berta

 

 

 

 

 

 

Die Sonne stand hoch am Himmel, kein Wölkchen ward zu sehen und die Nachmittagshitze lud Toni zum Eisessen in Schwerdtners Eisgarten ein. An diesem Samstagnachmittag waren viele Leute unterwegs, nicht nur, um Eis zu essen oder im Gondelteich Kahn zu fahren, sondern auch, um auf den Nonnenfelsen zu steigen oder einfach nur durch den Wald zu wandern.

Seine Eltern waren an die Ostsee gefahren, Toni hatte dazu keine Lust gehabt und wollte die letzte Ferienwoche allein zuhause bleiben. Einen festen Plan für diese Zeit hatte er keinen, heute Nachmittag ist erst einmal chillen angesagt.

Toni lief am Wassertretbecken vorbei, bis hin zum Klettersteig am Nonnenfelsen. Dort entdeckte er zwei Bergsteiger, die mit Seilen und Haken Stück für Stück den Felsen erklimmen wollten. Um die beiden Bergsteiger weiter beobachten zu können, musste er immer wieder um Bäume und auch kleinere Felsen herumlaufen, die beiden Kletterer fest im Blick.

Doch was ist das? In einer Felsspalte glitzerte etwas. Er blickte genauer in die Felsspalte hinein und tatsächlich, da glänzte ein ganz heller, fast weißer Stein. Das muss ein Edelstein sein. Mühselig beförterte ihn Toni ans Tageslicht. Wow, war der schön. Er passte geradeso in seine Hand und glitzerte in der Nachmittagssonne. Toni war sich sicher, einen wertvollen Schatz geborgen zu haben und steckte sich den Stein in die Tasche.  Noch einmal blickte er sich um, niemand war zu sehen. Auch die Bergsteiger konnte er nirgends mehr entdecken. Am merkwürdigsten war auf einmal die Stille um ihn herum. Die vielen Leute, die eben noch unterwegs waren, die Kinderstimmen, die er laut hörte, nichts war mehr da. Kein Windhauch, kein Blatt an den Bäumen, nichts bewegte sich. Das kam ihm unheimlich vor. Nur eine alte Frau mit einem riesigen Korb auf dem Rücken kam schweren Schrittes auf Toni zu und blieb vor ihm stehen. Ihre Haare waren grau wie Stein, ihr Gesicht hager und kantig. Sie streckte die Hand nach ihm aus und sprach mit einer Stimme, die sich wie das Knarren einer Tür anhörte. „Du hast etwas gestohlen, was mir gehört, das will ich wieder haben.“ Toni nahm seinen ganzen Mut zusammen und antwortete der alten Frau: „Ich habe nichts gestohlen, was dir gehört. Wer bist du?“ Die Alte trat noch einen Schritt näher an Toni heran, hielt ihren Kopf etwas schräg und forderte ihn erneut auf: „Ich habe dich beobachtet, wie du aus der Felsspalte diesen Edelstein herausgeholt hast. Ich, die Stein-Berta, bin hier die Herrin über das ganze Gebiet rings um den Nonnenfelsen. Deshalb gehört der Edelstein mir, gib ihn her!“ Toni trat einen Schritt zurück und erwiderte: „Den Edelstein habe ich gefunden, darum gehört er mir, und außerdem, Stein-Berta, von dir habe ich noch nie etwas gehört! Wo kommst du her? Steine sind doch tot.“ Toni schlug das Herz bis zum Hals, als er das sagte. Ein bisschen fürchtete er sich schon vor der gruseligen Alten, doch den Edelstein hergeben wollte er auch nicht. „Du solltest es dir gut überlegen, ob du mit mir streiten willst. Den Stein hast du nicht gefunden, sondern aus der Felsspalte herausgebrochen, also gestohlen! Seit ewigen Zeiten sind wir Steine schon hier, längst, bevor es Menschen gegeben hat. Wir gehören hierher, mehr noch als du. Und von wegen tot! Wir sind lebendiger als du glaubst“, schimpfte jetzt die Stein-Berta. Toni streckte seine Hand aus und berührte die Stein-Berta am Arm. Es fühlte sich eiskalt, steinhart und rau an. „Das ist doch bloß ein Faschingskostüm oder eine Maskerade aus dem Theater“, behauptete Toni lautstark. Die Stein-Berta wurde zornig: „Was bildest du dir denn ein, du vorlauter Lümmel. Ich stehe an der Südseite der Nonnenfelsen und habe so manches Mal gemeinsam mit den anderen Felsen, Unwetter und Sturm aufgehalten. Gib den Edelstein her, sonst wird etwas Grässliches geschehen!“ Sie griff nach Tonis Arm, doch der wich aus und eilte davon.

Er überquerte den Weg, rannte weiter in den Wald, blieb nach etwa hundert Metern stehen und drehte sich vorsichtig um. Er traute seinen Augen nicht. Hoch oben auf der Südseite der Nonnenfelsen ragte ein Stein heraus, dessen Gesicht genauso aussah, wie das der Stein-Berta. Trotzdem beschloss Toni, den Edelstein zu behalten.

Was war das? Es wurde immer heißer und heißer. Ein heftiger Sturm kam auf und fegte Äste, Sträucher und kleine Steine durch die Luft. Toni warf sich auf den Boden und hielt sich an einem Strauch fest, in der Hoffnung, dass der Sturm ihn nicht auch noch durch die Luft wirbelte. Trotz des Heulens des Windes hörte er die Stimme der Stein-Berta: „Du hast gestohlen meinen Edelstein! Bringst du ihn nicht wieder, wirst du in sieben Tagen zu Stein!“ Der Sturm heulte immer lauter, die vielen kleinen Steine pfiffen über seinen Kopf hinweg und schlugen auf den trockenen Waldboden ein. Das staubte so sehr, dass Toni nichts mehr sah. Einige Steinchen trafen ihn sogar am Kopf, und er blutete etwas.

So schnell wie der Sturm gekommen war, so schnell war er auch vorüber. Vorsichtig stand Toni auf, schaute sich um und erschrak! Viele Bäume waren verschwunden und Bäume, die vorher noch groß waren, sahen aus, als ob man sie gerade erst gepflanzt hätte. Jetzt hatte Toni freie Sicht, nicht nur bis zur Stein-Berta, sondern auf den ganzen Nonnenfelsen.  Links neben dem Weg zu dessen Gipfel ragt ein mächtiger Felsen in die Höhe, der „Mönch“. Durch den heftigen Wind war ein großer Strauch am oberen Teil des Felsens hängen geblieben, so dass es aussah, als ob dem „Mönch“ ein Bart gewachsen sei, als er zu Toni sprach: „Wie kannst du nur so eine große Klappe haben. Natürlich hast du den Edelstein gestohlen. Sich mit der alten Stein-Berta einzulassen, war keine gute Idee…

Toni riss die Augen auf und konnte es nicht fassen, dass ein Felsen zu ihm gesprochen hat…  Nur noch weg von diesem unheimlichen Ort, dachte Toni und rannte den Weg weiter, um endlich aus dem Wald herauszukommen. Geschafft! Doch da war keine Straße mehr, sondern nur noch ein steiniger Weg. Keine Straßenlampe, kein Parkplatz, kein Auto, kein Fahrrad und auch keine Leute konnte Toni sehen. Die meisten Häuser waren verschwunden und die wenigen Umgebindehäuser, die noch dastanden, hatten kaum Farbe. Alles sah grau aus. Was war geschehen? Wo sollte er nur hin? Toni hatte völlig die Orientierung verloren. Auf dem staubigen Sandweg lief er in die Richtung, wo er sein zuhause vermutete.

Oben auf dem Kammsteinweg kamen ihm zwei Reiter entgegen, gefolgt von einer Kutsche, die hinter sich eine große Staubwolke herzog. Die Reiter blieben vor ihm stehen, auch die Kutsche machte Halt und einer der Soldaten brüllte zu Toni: „Wer ist er? Was will er hier?“ Toni blieb wie erstarrt stehen und griff instinktiv in seine Hosentasche nach dem faustgroßen Edelstein. Wieder brüllte der Soldat: „Was verbirgt er vor mir? Sprich!“ Aber Toni brachte kein Wort heraus. Im ersten Moment glaubte er, es seien Leute vom historischen Kaiserzug, der fast jedes Jahr drüben in Oybin stattfindet. Doch das hier war kein Volksfest. Die beiden Soldaten sprangen von ihren Pferden und packten Toni am Arm. Der eine zog sogar sein Schwert aus dem Schaft und hielt es dem zu Tode erschrockenen Jungen an den Hals. Der andere zog Toni die Hand aus der Hosentasche mit dem Edelstein, den er immer noch festhielt. Jetzt sprang der Kutscher von seinem Sitz und bäumte sich vor Toni auf: „Aha, einen Dieb haben wir da gefasst. Wo hat er so einen großen Edelstein her? Der muss doch gestohlen sein. So ein armseliger Wicht wie du kann niemals so einen Edelstein besitzen.“ „Am besten wir schlagen dem Dieb gleich den Kopf ab“, schrie der zweite Soldat und fuchtelte mit seinem Schwert herum…

 

 

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