Ein blechernes, monotones Hämmern. Permanent und weithin hörbar. Ich kann mich noch genau an das Geräusch auf so manchem Handwerkermarkt erinnern.
War die Stelle dann erreicht, konnte man Heinz Berger bei der Arbeit zusehen. Mit gezielten, präzisen Hammerschlägen trieb er gerade wieder ein Motiv in das vor ihm liegende Kupferblech. Für mich immer faszinierend, wie so ein Bild im Blech, und dann noch von der Rückseite betrachtet, entstehen konnte. Heinz Berger war ein Meister seines Fachs. Und nicht nur bei den Kupfertreibarbeiten. Seine große Leidenschaft gehörte der „Kunstschmiederei“. Um sich darin zu verwirklichen und den Besuchern Einblick in seine Kunst zu geben, richtete er den Schmiedekeller im Museumshof in Schirgiswalde ein. Für ihn eine Schaffensstätte für Kunst und gleichzeitig Treffpunkt für Gleichgesinnte und Besucher.
Nun ist sein Hämmern schon eine ganze Weile verstummt. Aus Anlass des bevorstehenden 1. Todestages von Heinz Berger, stellt seine Familie Werke von ihm im Museum Schirgiswalde aus. Die Ausstellung kann bis November 2024, zu den Öffnungszeiten, besucht werden.
Am 15.03.2024 übergab, bei der feierlichen Eröffnung der Ausstellung, Lutz Berger im Namen seiner Familie der Stadt Schirgiswalde eine Arbeit seines Vaters. Diese wird im Rathaus einen würdigen Platz finden.
Lutz Berger
Laudatio für meinen Vater Heinz Berger
Ich möchte euch alle recht herzlich begrüßen zu der Sonderausstellung von meinem Vater Heinz Berger, die unter dem Titel
‚Feuer, Glut und Emotionen – Gedanken und Gefühle in Metall‘ steht.
Fast genau vor einem Jahr ist mein Vater von uns gegangen, und diese Ausstellung soll sein langes Schaffen und seine unermüdliche Energie würdigen. Gezeigt werden vor allem Werke aus seinem letzten Lebensabschnitt, die seine gestalterischen Fähigkeiten am eindrucksvollsten zum Ausdruck bringen. In diesen Jahren lebte er seine Leidenschaft für Metall in Kupfer und Eisen aus.
Feuer dient dazu, Eisen zum Glühen zu bringen, während Kunst darin besteht, diesem glühenden Eisen Emotionen, Gedanken und Gefühle einzuhauchen.
Wie ist er zu dieser Leidenschaft gekommen? Wie lang war sein Weg? Wie viel Zeit und Energie hat er investiert? Fragen, die eine Ausstellung allein nicht beantworten kann. Ich kann diesen lebenslangen Schaffensprozess nur aus meiner Sicht nachvollziehen. Alles begann mit einer Zeichenmappe, die den Anfang dokumentiert. Wie im Leben üblich, musste er lernen, um weiterzukommen.
In den frühen 60er Jahren entwickelte er seine Freude am Zeichnen weiter, zunächst im Mal- und Zeichenzirkel in Singwitz unter der Leitung von Herrn Gasan. Hauptsächlich in Öl gemalte Bilder stammen aus dieser Zeit. Er verfolgte drei Richtungen: den Zeichenzirkel, den Kulturbund und die Philatelie. Letzteres mag vielen unbekannt sein, aber das Briefmarkensammeln war damals im Verein eine bedeutende Aktivität.
In diesem Verein hat er die ersten Weihnachtskarten für die Mitglieder entworfen. Ich erinnere mich noch daran, wie er die berühmte Briefmarke, den Sachsendreier kopiert hat. In jenen Tagen war das eine herausfordernde Aufgabe. Da griff er sogar auf Kaffeesatz zurück, um die Briefmarke älter erscheinen zu lassen.
Sein Interesse an Grafik begann dort ebenfalls. Von Linolschnitten über Kaltnadelradierungen bis hin zu Aquatintas hat er in dieser Zeit unzählige Arbeiten geschaffen. Diese müssen noch gesichtet und aufgearbeitet werden. Es ist berührend, ehemalige Weggefährten zu treffen und dann in deren Häusern Arbeiten meines Vaters zu sehen.
Sein Engagement für seine Heimat und sein Interesse an Geschichte spiegelten sich im Schirgiswäldner Geschichtsverein wider. Die jährliche Weihnachtskarte, eine Druckgrafik mit historischen Erklärungen, war ein Markenzeichen von ihm.
Seine ersten künstlerischen Auftritte fanden auf Kunsthandwerkerstraßen statt. Ich erinnere mich noch lebhaft an Dresden, besonders an die ehemaligen Fučik-Hallen, wo wir mit dem Drucken von Linolschnitten nicht hinterher gekommen sind. Es muss jedoch gesagt werden, dass sie für 1-2 Mark ein Schnäppchen waren.
Sein Geschick für Metall wurde zunächst zweckdienlich eingesetzt. Er baute sich selbst eine Druckerpresse und einen eigenen Brennofen für Keramik. Vielleicht erinnert sich noch jemand an die Weihnachtskarte mit dem Siegel aus Keramik, für das er diesen Brennofen nutze. Heutzutage mag das kaum vorstellbar sein, aber Not macht erfinderisch.
Seine Energie reichte für weitere künstlerische Arbeiten wie das Schnitzen. Ruhe gab es keine und so wurde im Urlaub am Werbellinsee auf dem Zeltplatz geschnitzt.
Man stellt sich die Hobbys vor und fragt sich, wie das in einer Mietwohnung möglich war? Entgegen allen Schwierigkeiten schuf er aus einem Feldgrundstück einen Ort, an dem er seiner Leidenschaft nachgehen konnte. Was das in dieser Zeit hieß, kann man sich nicht mehr vorstellen.
Sein Engagement im Zeichenzirkel brachte ihm die Möglichkeit, als Metallgestalter für eine Zirkel Leitung ausgebildet zu werden. So besuchte er die Abendschule. Diese Bezirksfördergruppe „Metallgestaltung“ prägte ihn maßgeblich. Ab diesem Zeitpunkt entstanden die Arbeiten, die hier zu sehen sind.
Die frühen Arbeiten sind eng verbunden mit diesem Museum, wo die Motive von Heimatverbundenheit geprägt sind. Dies wird besonders deutlich in seiner Abschlussarbeit „Gerichtstag in Schirgiswalde“ in Kupfer.
Alles fügte sich zusammen: das Zeichnen, sein Geschichtswissen und seine Grundausbildung als Klempner. Im Laufe der Zeit veränderten sich seine Grafiken, und persönliche Empfindungen flossen ein. „Kind“ und „Ältere Frau“ sind für mich ausdrucksstarke Werke, in denen ich eine tiefe Verbindung zum Leben erkennen kann.
Ab den 80er Jahren begann er, seine Arbeiten auszustellen. Besonders prägend war seine Teilnahme in Helfštyn, wo er neue Schmiedefreunde kennenlernte und seinen persönlichen Maßstab weiterentwickelte.
In den 90er Jahren konzentrierte er sich hauptsächlich darauf, Auftragsarbeiten herzustellen. Auf den Handwerkerstraßen, die fester Bestandteil jedes Jahres waren, erhielt er Aufträge, die er stets als Herausforderung zur Umsetzung sah. Zu erwähnen sind hier nur einige, wie das „vergoldete Schwein“ bei der Fleischerei Mildner oder „das Kleid“ am Geschäftsausleger von Frau Tauer.
Sein persönlicher Ehrgeiz trieb ihn dazu an, jedes Jahr eine neue Arbeit mit nach Helfštyn zu nehmen, wo er Gedanken und Ausdruckskraft in Metall umsetzte. In Werken wie „Schöne Stunden“, „Familie“, „Schmetterlinge im Bauch“ und „Behütetes Leben“ ist die Freude deutlich spürbar. Doch auch schwierige Lebensabschnitte finden ihren Ausdruck in Arbeiten wie „Last des Lebens“ und „Werfe nicht den ersten Stein“. Sein tiefer christlicher Glaube manifestiert sich in vielen seiner Werke, wie der „Krippe“ in klein und groß oder dem Meisterstück „Abendmahl“.
Er schuf viele Jahre lang beeindruckende künstlerische Werke, bis seine Kraft langsam schwand. Ein letztes Mal schmiedete er mit mir als Freunde zu Besuch waren und er den Hammer übernahm, um uns zu zeigen, wie es geht.
Sein Leben war stets von einem unermüdlichen Schaffen geprägt, um anderen Freude mit seinen Werken zu bereiten. Das zeichnete ihn besonders aus.
Was wir ab heute ausstellen, sind Ausstellungsstücke seiner Arbeit. Obwohl bestimmte Werke mehrfach hergestellt wurden, sind sie dennoch handwerkliche Unikate. Drei von diesen bieten wir zum Verkauf an, wobei der Preis entsprechend angepasst wurde, um auch die ehrenamtliche Arbeit im Handwerkskeller zu unterstützen.
Der Handwerkskeller war sein letztes Steckenpferd und mit Gregor hat er einen perfekten Nachfolger gefunden. Daher wünsche ich ihm weiterhin so viel Erfolg und Kraft diese Arbeit fortzuführen.
Ich möchte mich abschließend herzlich bei Burkard und Gregor für ihre Arbeit beim Aufbau der Ausstellung bedanken. Danke auch an die Stadt für die Bereitstellung der Räumlichkeiten.
· Öffnungszeiten :
· Dienstag 14.00 bis 16.30 Uhr
· Nach Vereinbarung öffnet das Museum auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten.
Heimatmuseum „Carl Swoboda“ Schirgiswalde
Schirgiswalde-Kirschau OT Schirgiswalde
Rathausstraße 15, 02681 Schirgiswalde-Kirschau OT Schirgiswalde
Telefon: +49 3592 38660