Zweites Leben für alte Bäume
von Haiko Spottke
Was wäre unser Leben ohne Wald? Hier können wir auftanken, durchatmen, zur Ruhe kommen. Der Wald ist Wohnhabitat, Rückzugsort, Schutz für unzählige Tiere und Heimat einzigartiger Fauna. Wo sonst kann sich die Natur so ungestört entfalten? Allerdings macht uns der Wald aktuell große Sorgen. Waldflächen verschwinden und die gewohnte Umgebung verändert sich. Schön zu wissen, dass da aber viele freiwillige große und kleine Helfer sich der Wiederaufforstung verschrieben haben, um auch nachfolgenden Generationen einen natürlichen Erholungsort übergeben zu können.
Aber was passiert mit großen alten Bäumen oder denen, die irgendjemandem im Wege standen.
Mario Hennig hat für sich eine Antwort gefunden. Er gibt alten Bäumen ein zweites Leben.
Mario, genannt Holzwurm-Mario, bringt mit seiner Kettensäge Stämme in eine neue Form.
Dabei entstehen kleine und auch große Kunstwerke. Er verzaubert das Holz in Tiere und Fabelwesen und haucht ihm so neues „Leben“ ein. Bänke, Tische und Blumenkübel dienen wie Baum und Wald auf eine neue Weise der Erholung.
Im Fachjargon bezeichnet man diese künstlerische Tätigkeit als Chainsaw Carving.
Sie kommt ursprünglich aus den USA bzw. Kanada und breitet sich in Deutschland immer mehr aus. Chainsaw Carving bedeutet, Skulpturen aus Baumstämmen mit einer Kettensäge zu gestalten oder einfach einem alten Baum ein neues Gesicht zu geben.
Lassen wir den Künstler jetzt selbst zu Wort kommen.
Wie sind Sie auf dieses schöne und seltene Hobby gekommen? Was hat Sie inspiriert?
Als Mittelalter-Fan wollte ich auch einen Ritter im Garten stehen haben, so wie ich sie im Urlaub in den Masuren gesehen habe.
Sind Sie im Kettensägenschnitzen ausgebildet oder haben Sie sich Ihre Fähigkeiten autodidaktisch angeeignet?
Ja, ich bin komplett Autodidakt. Wie gesagt, als ich aus dem Urlaub kam, nahm ich die Kettensäge und habe angefangen. Das Resultat war nicht schlecht für das erste Mal. Danach habe ich mich an anderen Figuren weiter probiert.
Das Arbeiten mit der Kettensäge ist ja nicht ganz ungefährlich. Haben Sie spezielle Sicherheitsvorschriften?
Gefährlich in dem Sinne ist es nicht. Natürlich muss man aber ein gewisses Gespür für die Maschinen haben, da es etwas anderes ist als Brennholz sägen. Aber da ich im staatlichen Forstbetrieb meine Ausbildung hatte, war ich schon gut vertraut mit der Kettensäge. Außer Sicherheitskleidung und dem Kettensägenschein gibt es da eigentlich nichts an Vorschriften.
Welche Figuren und Motive haben Sie schon geschaffen?
Sehr ausgefallene Wünsche hatte ich schon. Vom Mähdrescher bis zur Feder war alles dabei. Viele Fabelwesen bis Engel, eigentlich quer Beet. Was der Kunde wünscht.
Können Interessenten bei Ihnen bestellen und setzten Sie auch Wünsche um?
Bänke sind immer sehr interessant. Die gestalten wir öfter nach Hobbys oder Interessen der Kunden. Das kann von Jagdmotiven und Nähnadel über Waschmaschine und Schnapsflasche alles sein.
Man sieht ja oft Schnitzereien in Vorgärten stehen. Kommen Sie auch auf Wunsch zum Kunden und arbeiten vor Ort?
Viele Kunden wollen Adler, Eule oder Bär. Die sieht man ja in vielen Gärten stehen.
Welches war Ihre bislang größte Arbeit und welche hat Ihnen am meisten Spaß gemacht?
Ein Lieblingsmotiv von mir ist der Rübezahl. Der ist auch vielmals gewünscht von der Kundschaft.
Sie sind ja häufig mit ihrer Kettensäge unterwegs. Wo kann man Sie bei Ihrem künstlerischen Schaffen beobachten?
Ich bin auf verschiedenen Veranstaltungen vertreten. Im In- und Ausland. Durch die deutsche Speedcarving-Meisterschaft bin ich viel in Deutschland unterwegs, um Punkte für das Finale zu sammeln. Da habe ich es auch schon zweimal hin geschafft. Auch im Ausland war ich auf einigen Treffen. Kanada, Dänemark, Schweden, Polen, Österreich, Tschechien und so weiter. Einige Figuren von mir stehen auf dem Beckenberg in Eibau.
Welches Projekt haben Sie sich als Nächstes vorgenommen?
Die Erfahrungen bei den verschiedenen Wettkämpfen haben mich inspiriert, so eine Veranstaltung in meinem Heimatort Eibau zu organisieren. Mittlerweile seit elf Jahren treffen sich dort Künstler am Himmelfahrts-Wochenende. Es ist eine der größten in Deutschland. Und sehr gut durch internationale Gäste besetzt. Das ist zurzeit das, was mir am meisten Arbeit macht. Da ist kaum Zeit zum Sägen.
Wo kann man Sie demnächst live erleben?
Das nächste Mal in Aktion bin ich auf dem Beckenberg in Eibau. Zum Kettensägenschnitzertreffen. Aber nach dem Fest fahre ich wieder zur Kundschaft und gestalte ihre alten Bäume.
oberlausitz-art bedankt sich sehr für das interessante Gespräch und wünscht weiterhin viele Erfolge.
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Mehr über das Kettensägenschnitzertreffen beschreibt die Autorin Antje Kluth in ihrem Buch „Glücksorte in der Oberlausitz“.
Termin internationales Kettensägenschnitzertreffen auf dem Beckenberg, Eibau
18. Mai bis 21. Mai 2023